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World Heritage Watch – Zeugnis: gelesen, bewertet und für schwach befunden.

„Selten hat eine Grußbotschaft zu einem runden Geburtstag für einen derartigen Widerhall gesorgt.“ findet CDU-Fraktionsvorsitzender Norbert Schecke und nimmt Bezug auf die Veröffentlichungen des Architekten Frase für die World Heritage Watch und den Bericht in der Goslarschen Zeitung und die bisher abgegebenen Stellungnahmen.

Die Stellungnahme des Verfassers Frase zum Zustand des Welterbe Goslarer Altstadt hat zu heftigen Diskussionen in seiner Fraktion geführt. „Generell ist Kritik immer gut, zeigt sie doch Positionen und Meinungen Anderer auf. In diesem Fall kommt der Blick sogar von außen und dieser Blick ist vielleicht nicht durch eine Goslar freundliche rosa Brille getrübt,“ führt Schecke weiter aus, „das Werk Frases ist hier allerdings nur eine schlichte Auflistung von Mängeln. Eine detaillierte Recherche mit einer Ursachenforschung ist nicht oder kaum zu erkennen.“

Zu Recht hat die Verwaltung dieses kritisiert und auf die intensiven Arbeiten in den letzten zehn Jahren mit diversen Städtebauförderprogrammen und Einzelmaßnahmen hingewiesen. Nicht fehlen darf in diesem Zusammenhang auch die Entwicklung Goslars in den Ortsteilen mit diversen Neubaugebieten und dem Fliegerhorst-Areal. „Wir können eben nicht nur die Innenstadt mit ihrem historisch wertvollen Kern betrachten, sondern müssen Goslar insgesamt von Hahnenklee bis Lochtum einbeziehen.“ macht Schecke deutlich. 

Und auch hier gibt es unterschiedlichste Erfordernisse und Bedürfnisse, die von uns zu bewerten und zu beachten sind.“ zielt Schecke auch auf die Tätigkeit des Rates ab. „Neben der Verwaltung arbeitet der Rat permanent an einer gesunden Weiterentwicklung Goslar, und das ehrenamtlich.“ stellt Schecke klar. Das Vorgehen Frases und „seines“ Vereins empfindet er als Sanierungsfall, um in der Bausprache zu bleiben.

In dem besagten Bericht wird von einem „stark vernachlässigtem Stadtbild in dramatischer Weise“ geschrieben. Als Lösungsansätze werden „finanzielle Mittel, Fachkompetenz und Erhöhung der Anzahl an Mitarbeitern in den Abteilungen“ genannt. Ferner sollten  Zuschüsse für die Erhaltung und restauratorische Befunduntersuchung von Gebäuden möglich sein.

Diese Hinweise müssen schon, mit Verlaub gesagt, als mindestens dramatisch schwach bezeichnet werden. „Vermitteln diese Hinweise jedoch nur das, was alle wissen, für wünschenswert und zielführend halten.“  resümiert Schecke für seine Fraktion.  

Noch schwächer ist der Ruf nach einem Programm, das die zuständigen Ministerien auflegen sollten.

Einen weiteren Aspekt, den Herr Frase bei seiner Stellungnahme scheinbar außer Betracht gelassen hat, ist für CDU-Ratsherr und Bürgermeister Axel Siebe folgender:

„Nicht die Stadtverwaltung oder Rat prägen das Bild des Weltkulturerbe Goslarer Altstadt.

Es sind die Bürger dieser Stadt, denen die Häuser im Weltkulturerbe gehören. Es sind die Menschen, die dort wohnen und durch ihre Arbeit und den Einsatz privater Mittel dafür sorgen, dass es das Weltkulturerbe überhaupt gibt.“

Welterbestatus und Denkmalschutz scheinen aber die Gefahr heraufzubeschwören, dass die Menschen zunehmend nicht mehr bereit sind, die Einschränkungen, die mit einem Wohnen in einem historischen Gebäude ohnehin verbunden sind, hinzunehmen, weil selbst einfachste Modernisierungsmaßnahmen untersagt werden.

„Es ist aber immer noch der Grundsatz zu berücksichtigen, dass der Eigentümer einer Sache über deren Schicksal entscheidet und der Schutz des Eigentums in Art. 14 des Grundgesetzes Verfassungsrang hat.“ stellt Jurist Siebe klar.

„Es scheint so zu sein, dass Herr Frase ebenso wie Teile der Mitarbeiterschaft des Denkmalschutzes davon ausgehen, dass dem Welterbestatus und dem Denkmalschutz alles unterzuordnen ist und die Eigentümer von Gebäuden, die im Welterbe liegen oder dem Denkmalschutz unterliegen, nach „deren Pfeife“ tanzen müssen. Ein Irrglaube, der bedauerlicherweise durch die bestehende Gesetzeslage, genährt worden ist.“ wird Siebe weiter deutlich.

Aus CDU-Sicht ist Herrn Frase insoweit Recht zu geben, als der Gesetzgeber oder die Ministerien tätig werden sollten. Allerdings nicht im Hinblick auf zweifelhafte Fördertöpfe oder Förderprogramme. 

Vielmehr ist es notwendig Vorschriften zu haben, die berücksichtigen, dass der Denkmalschutz nicht das alleinbestimmende Merkmal sein darf, sondern daneben Aspekte des Umweltschutzes, des Energiesparens und nicht zuletzt auch der Aspekt der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen, insbesondere auch im Bereich der Öffentlichen Hand zu beachten sind.

In jedem Fall müssen Vorschriften geschaffen werden, die dem häufig empfundenen Eindruck, dass man im Bereich des Denkmalschutzes der Willkür der Denkmal-schutzbehörde ausgeliefert ist, die Grundlage entziehen. Frau Oberbürgermeisterin Schwerdtner hat dieses für Goslar zur Chefinnen-Sache erklärt.

Von daher empfiehlt die CDU dem World Heritage Watch e.V. im Zusammenwirken mit der Unesco hier dann deutlich offensiver für ein positives Ergebnis für die Welterbestätten einzutreten, um „den Menschen vor Ort zu helfen, ihre Standorte zu schützen und einen angemessenen Nutzen daraus zu ziehen.“, wie es auf der eigenen Internetseite heißt und nicht nur mahnend den Finger zu heben.

„Am Ende dreht sich alles um das liebe Geld. In der Vergangenheit haben Rat und Verwaltung es mehrfach hinbekommen aus einem Euro mit Fördermitteln zehn Euro zu machen. Wenn man, wie Herr Frase, mehr finanzielle Mittel für den Erhalt des Welterbes einfordert, muss man aber auch sagen, woher diese Mittel kommen sollen und wenn keine neuen Mittel generiert werden können, was ist ggf. zu streichen, um das Welterbe zu erhalten. Und natürlich benötigt man zur Bewältigung der großen Herausforderungen auch Personal mit Fachkompetenz. Nur umsonst oder ehrenamtlich arbeiten die eben auch nicht.“ stellt Schecke klar.

Versöhnlich wird die CDU aber zum Abschluss und kündigt an, dass die Verwaltung um

Stellungnahme zu einzelnen Punkten gebeten wird. Zudem weist die Fraktion darauf hin,

dass etliche der genannten Punkte auch aus der Politik heraus beantragt sind und nennt hier exemplarisch das Leerstandskataster oder die Position der Innenstadtmanagerin sowie die

eigenen Impulse für eine zeitgemäße Stadtbeleuchtung und in Klammerfunktion die Aufforderung nach einem Masterplan 2040.

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Die Einleitung der CDU-Stellungnahme zum World Heritage Watch – Bericht macht auf den ersten Blick den Eindruck, dass man sich der Kritik offen stellt und vorgibt, sich ernsthaft mit der Thematik auseinandersetzen zu wollen. Bei näherer Betrachtung wird aber schnell klar, dass man sich keiner wirklichen Verantwortung bewusst ist und den Ball viel lieber ins Lager des Vereins „World Heritage Watch“ zurückspielen möchte.
Zuallererst wird auf bereits Geleistetes wie Städtebaufördermaßnahmen sowie Einzelprojekte verwiesen. Das wird im Bericht meines Wissens nach auch nicht in Abrede gestellt, sollte aber nicht davon ablenken, dass die Stadt größere Herausforderungen zu meistern hat.
Dass das Städtebauförderprogramm leider nicht die Akzeptanz hat, die es in Anbetracht des Zustandes der Stadt haben sollte, ist nicht nur ein spezifisches Problem der Stadt Goslar, wird aber durch baupolitische Entscheidungen auf kommunaler Ebene m. E. maßgeblich beeinflusst. Dazu später aber mehr.
Die Stellungnahme der CDU-Goslar suggeriert, dass der Denkmalschutz nicht über allem stehen kann und auch die Ortsteile sich weiter entwickeln müssen. Die Stadtverwaltung spricht im Zusammenhang mit dem „Frase-Bericht“ davon, dass man kein Museum sein wolle. Die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung einer Stadt wie Goslar wird – so glaube ich – von niemandem, auch nicht von Denkmalschutz und Denkmalpflege, in Abrede gestellt. Im Gegenteil, sie ist in Anbetracht größter Herausforderungen wie Klimawandel, Alterung d. Bevölkerung und Rückgang der Einwohnerzahlen sowie absehbarem Fachkräftemangel im Handwerk wichtiger denn je. Hierzu bedarf es aber professioneller Strategien.
Dass die Altstadt von Goslar in der Stadtentwicklung ins Hintertreffen geraten ist, zeigt sich nicht nur durch weitestgehende Nichtbeachtung auf Ihrer Website, sondern an den tlw. völlig veralteten Bebauungsplänen, die Planungs- und Steuerungsinstrumente der zukunftsorientierten Stadtplanung sein sollten und symptomatisch für den Zustand der Goslarer Altstadt zu stehen scheinen.

Sie wissen sicherlich mit Blick auf das BauGB sowie das NDSchG, dass die öffentliche Hand den Denkmalschutz, an dem ein öffentliches Interesse besteht, in ihren Planungen angemessen zu berücksichtigen hat. Wieso das für die Altstadt von Goslar nicht gilt, sollte sich auch Ihre Ratsfraktion fragen, die immerhin 10 Jahre des Goslarer Oberbürgermeister gestellt hat. Darauf hatte ich in meiner unbeantworteten Anfrage im Februar bereits hingewiesen.

Die UNESCO schreibt für die Welterbestätten einen sogenannten Managementplan vor. Der ist für Goslar verpflichtend, wird aber aus welchen Gründen auch immer nicht erstellt. Darauf hatte ich Ihre Fraktion vor Monaten auch angesprochen, wie Sie wissen ohne Antwort. Weitere Informationen zum Managementplan findet man hier https://www.unesco.de/sites/default/files/2018-06/Managementplaene_Welterbestaetten.pdf
Die Stadt Goslar verfügt leider nur über einen Masterplan, der Bestandteil eines Managementplanes sein soll, diesen aber nicht ersetzen kann. Im Vorwort „Managementpläne für Welterbestätten“ heißt es u.a auf S. 4 f, dass jede Welterbestätte über einen Managementplan verfügen soll, „(…) der erläutert, wie der außergewöhnliche universelle Wert eines Gutes erhalten werden kann. Managementpläne sind das zentrale Planungsinstrument für den Schutz, die Nutzung, die Pflege und die erfolgreiche Weiterentwicklung von Welterbestätten.“

Ihnen fällt leider zu diesem Thema nichts besseres ein als darauf zu verweisen, dass die Stadt Goslar bspw. ein Leerstandkataster benötigt. Ja, das braucht Goslar tatsächlich auch, aber das reicht keineswegs aus.
Leider fehlt in Goslar ein vernünftiges Monitoring, wie es bspw. die Hansestadt Wismar seit 2002 durchführt (Bsp.: https://www.wismar.de/output/download.php?file=%2Fmedia%2Fcustom%2F2634_6540_1.PDF%3F1643811773&fn=Monitoring_UNESCO-Welterbe_Altstadt-Berichtsjahr_2020). Die Verantwortlichen in Wismar kennen ihren Denkmalbestand vermutlich recht gut und haben ein wachsames Auge. Die Bestanderfassung in Goslar basiert nach meinem Kenntnisstand auf einer Eigentümerbefragung (!) aus dem Jahr 2007 (siehe auch Masterplan, S. 33ff https://www.goslar.de/images/stadt-buerger/wohnen-bauen/denkmalschutz-weltkulturerbe/masterplan_altstadt_goslar.pdf). Diese Bestandserfassung ist nicht nur subjektiv und vermutlich fachlich nicht belastbar, sondern auch unvollständig und zwischenzeitlich veraltet.

Die CDU verweist in ihrer Stellungnahme darauf, dass „der Rat permanent an einer gesunden Weiterentwicklung Goslars, und das ehrenamtlich“ arbeitet. Das Ehrenamt als Stadtrat sollte nach meinem Verständnis bei allem Respekt für diese wichtige Aufgabe nicht als Rechtfertigung herhalten müssen, parteipolitische Kleingeisterei auf Kosten eines Welterbes zu betreiben.

Was versteht die Goslarer CDU unter einer „gesunden“ Weiterentwicklung der Stadt ganz konkret? Vielleicht die „Konversion“ des Fliegerhorstes -(Abbruch eines intakten Baudenkmals (Offiz.-Heim), weitgehender Totalverlust des städtebaulichen Bedeutung des Kasernenensembles) oder das Ausweisen von weiteren Neubaugebieten in den Ortsteilen, wo doch Leerstand in der Altstadt herrscht und weiterer droht? Woher sollen Ihrer Meinung nach die Menschen mit dem notwendigen Kapital kommen, die die Altstadt wieder mit Leben füllen? Bitte schauen Sie sich die Statistiken https://www.landkreis-goslar.de/statistik an. Dort heißt es unter der Rubrik „Bevölkerungsprognose“, dass alle Vorausberechnungen von einem weiteren deutlichen Einwohnerrückgang ausgehen. Ist die von Ihnen auf Ihrer Website propagierte Stadtentwicklung, in der das Welterbe so gut wie gar nicht auftaucht, ernsthaft Ihre Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft? Meiner Meinung nach bluten allmählich die Ortskerne mittel- und langfristig aus und die Kommunen „fischen“ sich die Einwohner gegenseitig ab. So etwas nennt man Kirchturmpolitik, die aber nicht nur in Goslar bzw. im Lk Goslar zu beobachten ist.

Interessant ist, dass Sie die Lösungsansätze des Vereins „World Heritage Watch“ zum stark vernachlässigten Stadtbild benennen, in der GZ aber wiederum „konstruktive Lösungsansätze“ einfordern, für die genau genommen Rat und Verwaltung verantwortlich sein sollten.
Was schlägt die Goslarer CDU in Kenntnis der Probleme denn vor, außer dass man die Auffassung des Vereins nicht teilt? Wenn man Ihre Stellungnahme und die aus meiner Sicht großspurig anmutende Abwertung des „Frase-Berichtes“ liest, bekommt man den Eindruck, dass Sie einige „Experten“ in Ihren Reihen haben. Das muss mir leider bisher verborgen geblieben sein.

Bemerkenswert ist Ihre Auffassung, dass nicht die Stadtverwaltung oder der Rat das Bild des Weltkulturerbes Goslarer Altstadt prägen, sondern es sind die Bürger.
Ist das wirklich die EInschätzung der Goslarer CDU? Und welche Funktion hat dann die Stadtverwaltung und der Rat in diesem Zusammenhang? Wieso arbeitet die Stadtverwaltung mit Zustimmung des Rates gerade an einer Gestaltungssatzung, über die das Stadtbild zur Vermeidung von Fehlentwicklungen gesteuert und letztendlich zukünftig geprägt werden soll? Stadtbildgestaltung wie auch Denkmalpflege sind gemeinschaftliche Aufgaben, an der Verwatung und Stadtgesellschaft zusammenwirken. Das scheint Ihre Fraktion offensichtlich außer Betracht gelassen zu haben. Im § 2 Abs. 1, S. 2 NDSchG heißt es „Bei der Wahrnehmung von Denkmalschutz und Denkmalpflege wirken das Land, die Gemeinden, Landkreise und sonstigen Kommunalverbände sowie die in der Denkmalpflege tätigen Einrichtungen und Vereinigungen und die Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen zusammen.“

Wenn schon §14 GG von Ihrem Juristen Herrn Siebe genannt und zu Recht auf den Schutz des Eigentums hingewiesen wird, dann sollte man meiner Meinung nach auch auf den Inhalt des besagten Paragraphen näher eingehen. Absatz 1 besagt, dass Eigentum und das Erbrecht durch das GG gewährleistet werden. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Der Absatz 2 besagt ferner, dass das Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll.
Das ist nicht ganz unwichtig und belegt, dass Denkmalschutz (NDSchG) und Stadtbildpflege (NBauO) – beide wirken sich einschränkend auf das Privateigentum aus -, verfassungskonform sind. Ich hoffe, dass Ihre Ratsfraktion diese Auffassung teilt?
Dem Berichtsverfasser zu unterstellen „(…), dass dem Welterbestatus und dem Denkmalschutz alles unterzuordnen ist und die Eigentümer von Gebäuden, die im Welterbe liegen oder dem Denkmalschutz unterliegen, nach „deren Pfeife“ tanzen müssen“ läßt, mit Verlaub, tief blicken. Denkt Ihre Ratsfraktion tatsächlich so die Verantwortlichen in der unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt die Denkmaleigentümer nach deren Pfeife tanzen lassen? Denkt die Goslarer Ratsfraktion tatsächlich so über die Arbeit einer öffentlichen Verwaltung, nur weil Ihnen gewisse Entscheidungen nicht in Ihre parteipolitische Sichtweise passen?
Damit lässt Ihre Ratsfraktion erkennen, wie sie zur Arbeit der Denkmalschutzbehörde der Stadt Goslar zu stehen scheint. Dass Denkmalschutz eine Aufgabe im übertragenden Wirkungskreis ist und besagte Behörde öffentliches Interesse zu vertreten hat, scheint Ihnen ein wenig aus dem Blick geraten zu sein.

Sie beabsichtigen, den Denkmalschutz nach Ihren Vorstellungen „konform“ zu gestalten, sozusagen auf Linie zu bringen, indem die in der Denkmalpflege übliche Einzelfallbetrachtung, auf die bereits ein ICOMOS-Vertreter im Zusammenhang mit dem Fensterstreit seinerzeit hingewiesen hatte, möglichst abgeschafft werden soll. Denkmalschutz lässt sich nicht einfach in feste Vorschriften gießen, gleichwohl lassen sich durch die geplante Gestaltungssatzung grundsätzliche Aspekte hoffentlich regeln.
Vielleicht kann die anstehende Informationsveranstaltung am 29. Juni dazu beitragen, mit gewissen Unklarheiten und Missverständnissen aufzuräumen. Sicherlich werden Vertreter Ihrer Fraktion zugegen sein. Ich schaffe es leider als interessierter (Noch-) Bürger nicht, da die festgesetzte Zeit nicht unbedingt arbeitnehmerfreundlich ist. Aber mit solchen Terminfestsetzungen (siehe Bürgersprechstunde der Goslarer CDU am 24.02.2022 um 15 Uhr) kennt sich Ihre Partei recht gut aus.

Bemerkenswert finde ich auch die Position des Goslarer CDU zum Thema Förderung in Anbetracht drastisch gestiegender Bau- und Energiekosten sowie des bereits bestehenden Fachkräftemangels. Darauf hatte ich in meiner unbeantworteten Anfrage v. Februar 2022 ebenfalls hingewiesen. Sie sollten wissen, dass in Niedersachsen die Denkmalförderung über die letzten Jahre deutlich heruntergefahren und Fachpersonal in der Denkmalfachbehörde abgebaut worden ist. Die Unterfinanzierung und der Personalabbau gehen zulasten der Kommunen und insbesondere der Denkmaleigentümer.
Kurzum, es geht nicht unbedingt um noch mehr Geld, sondern in Anbetracht des großen Denkmalbestandes und der Bedeutung Goslars als einziges städtisches Welterbe in Niedersachsen eher um eine gerechte(re) Umverteilung vorhandener Gelder. Das ist meiner Meinung nach eine Frage der Priorisierung. Da sehe ich insbesondere die Politik in der Pflicht und Verantwortung, sich dafür stark zu machen, aber Ihrer Partei fällt nichts besseres ein, als über „zweifelhafte Fördertöpfe oder Förderprogramme“ zu sprechen.

In Anbetracht des besorgniserregenden Gesamtzustandes der Altstand wird man über kurz oder lang an einer weiteren Ausweitung des Sanierungsgebietes nicht vorbeikommen. Mit Geld lassen sich aber nicht alle Herausforderungen meistern, aber durchaus mit gezielten, bedarfsorientierten Investitionen. Ich spreche nicht von den Großprojekten, die dem „kleinen“ Denkmaleigentümer nicht zugute kommen, sondern von Investitionen in die denkmalpflegerische Infrastruktur (bspw. Stärkung des Handwerkes durch gezielte Weiterbildungsangebote). Dem sich bereits abzeichnenden Fachkräftemangel, den die Goslarer Denkmaleigentümer schon jetzt zu spüren bekommen, könnte so frühzeitig entgegengewirkt werden. In meiner unbeantworteten Anfrage hatte ich Sie auf beispielhafte Kooperationsmodelle wie den Monumentendienst https://www.monumentendienst.de/ im Nordwesten von Niedersachsen und den Baukulturdienst https://baukulturdienst.de/ in Südniedersachsen verwiesen. Dabei handelt es sich um unabhängige, nicht behördliche Institutionen in der Denkmalpflege, die Denkmaleigentümern beratend zur Seite stehen. Finanziert wird das Ganze durch Mitgliederbeiträge, Honorare der Inspektionen sowie durch die beteiligten Kommunen und Landkreise, was zum einen hilft, die Kosten auf viele Schultern zu verteilen und damit für die Beteiligten niedrig zu halten. Zum anderen kann dadurch auch fachliche Kompetenz in der Region gebunden werden.
Ich frage mich ernsthaft, wer in 20 bis 30 Jahren das Weltkultererbe pflegen und instandhalten soll. Meinen Sie nicht, dass man sich diesen wichtigen Fragestellungen bereits jetzt stellen sollte, oder lässt Ihre parteipolitische Sichtweise den notwendigen Blick über den Tellerrand nicht zu?

Die Position der Goslarer CDU zum Denkmalschutz ist hinlänglich bekannt und wird von Ihnen nochmals in der Stellungnahme unterstrichen. Betrachtet man die besonderen Goslarer „Verhältnisse“ mit anderen Städten ohne Welterbestatus, die aus meiner Sicht deutlich souveräner und professioneller mit dem Thema Baukultur und Denkmalschutz umgehen, fragt man sich schon, was im sogenannten Welterbe Goslar schief läuft.

Statt der UNESCO und dem Verein „World Heritage Watch“ zu empfehlen, nicht nur den mahnenden Finger zu zeigen, sollte man sich als Ratsfraktion seiner besonderen Verantwortung bewusst sein und sich deutlich mehr unterstützend für die komplexen Herausforderungen des Welterbes einsetzen, was nicht heißt, dass Denkmalschutz über allem steht, aber halt mitgedacht werden muss, so wie es der Gesetzgeber vorgesehen hat.

Ihre Stellungnahme macht mir wieder deutlich, wieso in dieser Stadt im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen es mit dem Denkmalschutz nicht funktioniert, und zwar weil man zu wenig gemeinsam denkt und handelt. Stattdessen hat man den Denkmalschutz als vermeintliche Ursache der beklagenswerten Altstadtentwicklung identifiziert. So einfach macht man es sich also im sogenannten Weltkulturerbe Goslar.

Dass sich so wenige Mitbürger zu dem wichtigen Thema äußern, stimmt mich nachdenklich. Zumindest ist die Resonanz auf Ihre Stellungnahme freundlich ausgedrückt „überschaubar“, was aber möglicherweise auch der „Qualität“ des Inhaltes geschuldet sein könnte. Das ist auch der Grund, wieso ich mich „genötigt“ gesehen habe, nun selbst Stellung zu beziehen, damit so etwas nicht unkommentiert im Raume stehen bleibt.
Das Vorgehen von Herrn Frase und „seines“ Vereins empfinden Sie also als „Sanierungsfall“. Auf mich wirkt Ihre Stellungnahme leider sehr selbstgefällig, anmaßend und überheblich. Was Sie mit Ihrer Stellungnahme nunmehr schriftlich offenbart haben, lässt aus meiner Sicht für die Zukunft des Welterbes und der Stadtentwicklung weiterhin nichts Gutes erwarten.
Ich hoffe, dass andere Ratsfraktionen zukünftig etwas weitsichtiger denken und handeln, wobei die Antwort der regierenden SPD-Fraktion auf meine Fragen ebenfalls wenig Grund zum Optimismus geben.

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