Mit einem Masterplan auf die Reise in Goslars Zukunft

Von Frank Heine, Goslarsche Zeitung, 08.03.2022

Norbert Schecke und Pascal Bothe haben mehrere Monate an ihrem Konzept gearbeitet: Auf neun Seiten beschreiben sie einen Weg, der Goslar mit mehr Struktur, Gerüst und Transparenz für politisches Entscheiden in die Zukunft führen soll. 

Neun Seiten und mehrere Monate Vorlauf: Norbert Schecke und Pascal Bothe haben sich viel Zeit und Raum für ihren Vorstoß genommen. In einem Ratsantrag fordert das CDU-Duo nichts vehement, sondern legt einen Vorschlag auf den Tisch, wie mit einem Masterplan für Stadtentwicklung mehr Struktur, Gerüst und Transparenz für politisches Entscheiden in Goslar erreicht werden könnten. Die Diskussion ist eröffnet – und dringend gewünscht.

Bis ins Jahr 2040 reicht der Zeitraum, den sich der Fraktionschef aus Hahndorf und der Vorsitzende des Finanzausschusses vorgegeben haben. „Wir arbeiten schon lange an diesem Masterplan und hatten dem Antrag eigentlich bereits im September Schliff verpasst“, erläutert Bothe. Aber bei einem Blick auf den Kalender hätten sie die Befürchtung gehabt, dass gleich der Wahlkampf-Stempel aufs Papier gedrückt würde. „Und genau das wollten wir eben nicht“, betont Schecke.

In Klammerfunktion

Was dann? Sie wollen möglichst alle Teilaspekte erfasst haben, wenn sie am Goslarer Weg in die Zukunft arbeiten. Hoch- und Tiefbau, die Digitalisierung, Demographie, auch die Entwicklung des Umlands: Alles sei abhängig voneinander und müsse so betrachtet werden. Von wem? Ein Projektverantwortlicher soll her – in einer Art Klammerfunktion und als Taktgeber und Aufpasser. Und eine Art Prioritätenliste mit zugeordneten Budgets, die zwar flexibles Reagieren nicht verhindern, aber einen Rahmen setzen soll.

Feuerwehr und Sport

Pascal BotheEhrgeizig? Ja, vielleicht. Aber das Duo verweist auf die Bereiche Feuerwehr und Sportstätten-Entwicklung, wo sich solches Vorgehen in der Vergangenheit schon bewährt habe. Warum nicht größer, sogar umfassend denken? „Was die Finanzen angeht, haben wir solch dicke Brocken vor der Nase, dass die Luft nach oben dünner wird für Kürprojekte“, sagt Bothe. Wobei genau festzulegen wäre, wo Pflicht aufhört und Kür beginnt.

Kann sich der Rat auf eine große Linie einigen? Entscheidungsprozesse in der Verwaltung verknüpfen und vielleicht sogar verkürzen und verbessern, wenn Reibungsverluste vermieden werden? Der Masterplan soll ein Stein sein, der anstößt, nicht einer, in dem alles fest gemeißelt ist, sagt Bothe.

Schecke holt das „Integrierte Stadtentwicklungskonzept Goslar 2025“ – kurz Isek 2025 – wieder aus der Versenkung, das die Goslarer Politik manchmal vielleicht viel zu weit hinten in der Schublade liegen hat(te). Ab 2010 hatte der Braunschweiger Architekt und Stadtplaner Professor Walter Ackers mit seinem Team viel Zeit und Arbeit in diesen Leitfaden investiert. Der Rat hatte es mit viel Lob und Geloben sowie späteren Ergänzungen 2011 beschlossen. Es ging um das große Ganze und nicht um das Klein-Klein – und soll es jetzt wieder gehen.

Norbert ScheckeWas aber auch bedeutet, dass sich die Platzhirsche vor Ort vielleicht stärker zurückhalten müssen? „Es ist richtig, dass sich Ortsvorsteher, Ortsräte und Stadtteilverantwortliche für die Belange ihrer Zuständigkeitsbereiche einsetzen und jeweils aus ihrer Sicht das Beste dafür fordern“, heißt es gleich zu Anfang in der Begründung zum Antrag mit viel Verständnis. Das große Aber folgt: „Trotzdem kann sich diese Betrachtung den gesamtstädtischen Synergien verschließen.“ Und daher sei es notwendig, „die städtebauliche Perspektive auf das Ganze und die Teilbereiche in Abhängigkeit zu betrachten und aktuelle Arbeitsprozesse zu bündeln“.

Gegenfrage: Meinen Schecke und Bothe das tatsächlich ernst? Zwei Stimmenfänger, die sich gerade in ihrem Hahndorfer und Sudmerberger Umfeld tummeln und für dortige Projekte stark und stärker machen? Ja, sie wüssten, sagen sie, dass auch sie sich und ihr Engagement womöglich neu denken müssten. Wenn andersherum aber Einigkeit bei einer neutral festgelegten Prioritätenliste bestünde, ließen sich jedoch Positionen auch besser argumentieren und vertreten.

Enorm viel auf der Liste

Welche Bereiche berührt das Papier des Duos? Dort wird ein Verkehrskonzept angemahnt – mit besonderem Augenmerk auf Pendler und Radfahrer. Es geht um nachhaltigen Straßenbau statt ständiger Flickschusterei. Schulen, Kindertagesstätten und deren Standorte spielen eine Rolle. Wo ist Goslar wie richtig und zukunftssicher aufgestellt? Betreiber- und Instandhaltungskonzepte für Denkmäler werden angemahnt – und vieles mehr. Zuwanderung, Digitalisierung, das Ehrenamt, das Vereinsleben sowie der Klima- und Hochwasserschutz – Schecke und Bothe haben enorm viel auf ihre Liste gepackt.

Zu viel? „Wir haben die Weisheit auch nicht mit Löffeln gefressen, aber wir müssen diese Dinge anpacken“, sagt Bothe. „Man muss auch nicht sofort wieder alles kaputtreden, es geht immerhin um das große Ganze und die Zukunft Goslars“, beschwört Schecke. Wer macht sich mit auf den Weg?